Bridge To Imla And Friends – One January Evening
 

Bridge To Imla And Friends – One January Evening
Eigenvertrieb (2018)

(
24 Stücke, 145:20 Minuten Spielzeit)

Hinter dem Namen Bridge To Imla verbergen sich die Elektronikmusiker Hans-Dieter Schmidt (Keyboards, Seaboard, Synthesizer, Electronic Wind Instrument (EWI)) und Michael Brückner (Electronics, Synthesizer, Keyboards). Zusammen mit ihren Freunden (And Friends) Ralph Baumgartl (Synthesizer, Keyboards auf CD 2) und Volker Lankow (Percussion, Soundscapes bei den Stücken 9 -11 auf CD1 und auf den Stücken der CD 2) haben sie das Album „One January Evening“ eingespielt.

 

 


Bei dem Doppelalbum handelt es sich zum Einen um einen Livemitschnitt, der Ende Januar 2018 stattgefunden hat und zum Anderen um Stücke, die während der Proben und Jam-Sessions mitgeschnitten wurden.

Die ersten elf Stücke der ersten CD stellen quasi einen Longtrack dar, dessen einzelne Parts fließend ineinander übergehen. Die restlichen vier Stücke sind im Studio bzw. bei den Proben entstanden.

Stimmungsmäßig beginnt das Konzert auf CD 1 im 5:38minütigen „The Bronze Bells Of Imla“ mit Klangwolken, die wie von Klangschalen herrühren, sich kurz danach aber in synthetische Flächen verwandeln und sich mit einigen Sounds wie Uhu-Schreien, zuschlagenden Türen oder vorbeifahrenden, nicht zu definierenden Fahrzeugen vermischen. Das wirkt mystisch und zieht den Hörer in eine imaginäre Fantasiewelt. Soundmäßig erinnern mich einige der Flächen und die Struktur an Vangelis „Bladerunner“-Soundtrack.

Das anschließende „Variation On ‚Raukumara Plain’“ zeigt sich von einer ruhigeren Seite, die von Harmonien bestimmt wird. In dieser Phase bauen Schmidt und Brückner herrliche musikalische Momente auf, in denen sie filigran und harmonisch zu Werke gehen. Das geht unter die Haut und sorgt für ein wohliges Gefühl. In den einzelnen Stücken werden von den beiden Musikern wunderbare Stimmungsbilder gezeichnet, die teilweise durch den Raum perlen. Obwohl die Musik sehr eigenständig ist, erinnern auch einige Passagen an Künstler wie Klaus Schulze, in dem außergewöhnliche Klangfarben und Flächen miteinander zu einer hoch spannenden Melange verbunden werden, die durchaus experimentelle Phasen beinhaltet.

Etwas mehr Drive bekommen die Stücke dann in den letzten drei Tracks der Liveperformance, wenn Volker Lankow durch seine Percussion-Einsätze den Stücken eine druckvolle Note verleiht. Auch die beiden Elektronikmusiker haben nun deutlich druckvollere Sounds im Handgepäck. Das in dieser Phase zum Trio erstarkte Ensemble bietet weitere außergewöhnliche Klanglandschaften, die recht harmonisch und teils mit Melodien unterlegt sind. Das klingt hochgradig spannend und neu zugleich.

Die Bonustracks auf der ersten CD beginnen mit dem Stück „Nill & Nuchtig“ (eine witzige Wortspielerei für Null und nichtig). Hier werden eigenartige Sounds rückwärts abgespielt. Dieser zweiminütige Track, der hier in der „Nuchtig-Version“ vorliegt, befindet sich auf der zweiten CD noch einmal als „Nill-Version“. Es ist ein eigenartiges, recht experimentelles Stück.

Harmonischer geht es dann im 10:19minütigen „Drifting On A Southern Sea“ zu, das während der Proben entstanden ist und eine Melodie im Violinensound zunächst mit mystischen Klangkaskaden verbindet. Sobald perlende Synthieharmonien aufkommen, entwickelt sich dieses Stück zu einem hinreißenden Track. Auch die beiden folgenden Stücke „Equatorial Passage“ (ebenfalls ein Stück, das bei den Proben entstanden ist) bietet wunderbare Harmonien und geht schnell ins Ohr. Bei „The Dream-Quest To Unknown Imla“ handelt es sich um eine Studioaufnahme, die ebenfalls durch eine sehr schöne Melodieführung besticht und durch die Instrumentierung 70’er Jahre Flair mit modernen Sounds kombiniert.

Die zweite CD bietet dann weitere neun Stücke, von denen sechs bei einer Jamsession aufgenommen wurden und zwei bei den Proben entstanden sind bzw. mitgeschnitten wurden. Während das erste Stück „Intro – Plaenkel In G“ zunächst von Piano und Bassstrukturen durchzogen ist und später durch symphonische, teils experimentelle Synthieklangformationen abgelöst wird, bieten die weiteren Tracks recht sphärische Elektronik mit herrlichen Harmonien und Soundeffekten. Die zweite CD stellt dabei mehr als nur Bonusmaterial dar, sie bietet weitere tolle, hypnotische Tracks. „El Ciclon“ beispielsweise zeigt einige Klangfarben, die den Hörer in eine Art Dschungellandschaft entführen. Treibende Synthierhythmen und akzentuiert gesetzte Percussion machen den Track zu einem Highlight.

„One January Evening“ von Bridge To Imla And Friends ist eine sehr schöne Elektronik-CD, die eine Liveperfomance mit Stücken, die Jamsessions und Studioversionen kombiniert. Beides hat seinen absoluten Reiz, da man hier merkt, dass sich Musiker getroffen haben, die einen gemeinsamen Nenner haben und so ein faszinierendes Werk erschaffen.

Stephan Schelle, September 2018

 
   

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