Bernd-Michael Land – Slowing World
 

Bernd-Michael Land – Slowing World
Elektro Kartell (2020)
(
8 Stücke, 73:55 Minuten Spielzeit)

Nachdem sich der in Rodgau-Hainhausen beheimatete Bernd-Michael Land auf seinem letzten Album dem Jubiläum der Mondlandung gewidmet hat, nennt sich sein neuestes Werk „Slowing World“ und trägt darüber hinaus den Untertitel „Auditive Skulpturen“. Und dieser Zusatz trifft es auch ganz gut, denn Bernd-Michael Land hat acht Klangskulpturen erstellt, deren Laufzeiten zwischen 4:41 und 13:10 Minuten liegen.

 

 


Den Anfang macht das 13:10minütige „Meeresweite“. In diesem Stück sind elektronisch erzeugtes Wellenrauschen und rhythmische Klangkaskaden, die streckenweise an ein gestrandetes Schiff erinnern, zusammengefasst worden. Nach gut zwei Minuten kommen dann Klänge auf, die sich nach Windspielen oder Klangschalen anhören. Ab ca. Minute 3:30 sorgt dann ein Sequenzer für den nötigen Rhythmus und weitere Momente später kommen Harmonien auf. Insgesamt ist der Track allerdings von den Rhythmusmustern bestimmt, die ineinander gewoben werden. Das klingt hochgradig spannend.

„Schlafwandler“ nennt dich der zweite, 6:12minütige Track. Dieser kommt recht mystisch aus den Boxen und wurde mit Atem- bzw. Gähngeräuschen, die elektronisch verfremdet wurden, durchzogen. Ein ruhiger, stoisch dahin gleitender Track, der an einigen Stellen von Sounds bzw. Effekten durchzogen ist, die anscheinend die Traumsequenzen darstellen sollen.

Fast wie von einem Nebelhorn wirken die Sounds zu Beginn des gut achtminütigen „Metallbad“. Sehr schnell kommen metallische Klänge auf, so als würde man auf eine Blechscheibe oder -platte schlagen. Auch ist ein Schlagzeug zu hören, das im Hintergrund agiert und mit viel Hall versehen wurde. Sehr experimentell geht Land hier zu Werke.

Vogelgezwitscher empfängt den Hörer dann zu Beginn des achtminütigen „Seelenruhe“. Wieder kommen Windspiel-Klänge auf, die mit sanften Flächen durchzogen sind. Bis zur Hälfte ein sehr entspannter Track, der dann aber von einigen Klängen durchbrochen wird und zum Ende hin an Dynamik zunimmt.

Ein zweiter Track bringt es exakt auf eine Spielzeit von 13:10 Minuten. Dabei handelt es sich um den Titeltrack. Dem Titel entsprechend wirkt dieser entschleunigend. Das 4:41minütige „Hamsterrad“ kann einen beim Hören allerdings etwas nervös machen (passt ja auch irgendwie zum Titel). Hier werden unterschiedliche Klänge in experimenteller Weise zusammengesetzt. Da zirpt, knackt und zischt es. Erst nach gut anderthalb Minuten kommen Harmonien auf, die aber schnell wieder versiegen. Ein recht hektischer und experimenteller Track.

Auf 9:49 Minuten Spielzeit bringt es dann der Titel „Feierabend“. Nach einem kurzen hektischen Beginn kommt ein basslastiger, fetter Sequenzerrhythmus zum Vorschein, der über weite Strecken - mit unterschiedlichen Klangfarben - den Grundstein des Tracks bildet. Das wirkt sehr hypnotisch. An das Ende hat Land dann das 10:46minütige „Shutdown“ gestellt. Ob der Titel sich auf die derzeitige Pandemie bezieht, ist aus dem sehr ansprechenden, zwölfseitigen Booklet allerdings nicht zu ersehen. Ein ratternder Sound, so als würde man ein Glücksrad drehen, startet diesen Track. Man hört diesen Rhythmus wie er immer langsamer wird und fast zum Erliegen kommt. Danach wird es dann wieder recht experimentell und teilweise auf düster. Aber der Shutdown in der Corona-Krise war ja auch nicht wirklich spaßig.

Bernd-Michael Land hat auf seinem neuesten Werk, dem Album „Slowing World“ zum Teil recht experimentelle Klänge verarbeitet. Das ist nicht immer leicht zu konsumieren. Wer sich auch auf experimentelle und nicht immer harmonische Klänge einlassen kann, sollte dieses Album unbedingt antesten, da es außergewöhnliche Strukturen aufweist und das Kopfkino einschaltet. Der Untertitel „Auditive Skulpturen“ ist daher gut gewählt.

Stephan Schelle, Juli 2020

 
   

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