Alien Nature – Who Goes There?
 

Alien Nature – Who Goes There?
SynGate Records (2012)
(6 Stücke, 77:05 Minuten Spielzeit)

Nach dem letztjährigen Album „Station Platforms“, bei dem Alien Nature aka Wolfgang Barkowski doch sehr bodenständig zu Werke ging (thematisch drehte sich das Album um Bahnhöfe), bewegt sich der Elektronikmusiker auf „Who Goes There?“ im Science Fiction-Bereich. Darauf weist auch schon das Cover hin, das eine Biene zeigt, die eine Art Raumschiff/Flugkörper anzugreifen scheint. Thematisch geht es auf der CD um Science Fiction-Art und -Geschichten.

 


Die einzelnen Tracks beziehen sich auf verschiedene Science Fiction-Bücher und -Novellen wie beispielsweise von Isaac Asimov über A.E. van Vogt bis hin zu Perry Rhodan (The Radiant Dome). Der Titel der CD basiert wiederum auf einer Novelle von John W. Campbells Klassiker, der dem Film „Das Ding aus einer anderen Welt“ (u. a. von Regisseur John Carpenter verfilmt) als Vorlage diente.

Die CD beginnt mit dem fast 16minütigen „Mind Bridge“. Während im Vordergrund Synthieflächen dahinschweben, hört man ein schweres Atmen, zu dem an einigen Stelle eine Stimme etwas undeutliches flüstert. Mit diesen Elementen baut Wolfgang Barkowski eine sehr mysteriöse, aber fesselnde Stimmung auf. Sind es die eigenen Gedanken, die im Kopf rumschwirren oder flüstert eine unheimliche Gestalt etwas vor sich hin? Diese Fragen geistern einem beim Hören durchs Gehirn. Dazu wird der Synthiesound, den Wolfgang spielt immer mystischer. Dann kommen Sounds hinzu, die an ein vorbei fliegendes Fluggerät erinnern und es wird rhythmischer und eingängiger. Fast schon hat man durch den Schlagzeugrhythmus das Gefühl, eine Band sei hier am Werk. Nach mehr als fünf Minuten kommt dann auch eine Melodielinie hinzu.

Wolfgang Barkowski hat bei der Thematik zwar einzelne, in sich abgeschlossene Stücke komponiert, doch lässt er sie nahtlos ineinander übergehen, so dass ein komplexer 77minütiger Opus entstanden ist, der auch als Gesamtwerk sehr gut funktioniert. Schwebende Flächen verbinden den Opener mit dem zweiten, elfminütigen Track „Patterns Of Chaos“. Chaotisch geht Wolfgang hier aber nicht vor, allerdings wirken die Synthiesounds, die eingestreuten Textpassagen und die Soundeffekte doch sehr mysteriös. Das klingt über einige Minuten kalt, technologisch und bedrohlich. Doch nach etwa drei Minuten mixt Wolfgang einen technoiden Rhythmus ein, der schon tanzbar ist. Ab jetzt geht der Track ab und zeigt auch melodische Phasen. In der zweiten Hälfte wird es durch den Einsatz von Schlagzeugrhythmik und Gitarrenähnlichen Sounds gar rockig. Das geht gut ab.

„Tomorrows Children“ ist mit seiner Laufzeit von zehn Minuten der dritte Track des Albums. Hier geht Wolfgang wieder ruhiger ans Werk. Sanfte Synthiefäden spinnen sich zu einem Rhythmus, der leicht an Jarre erinnert, und schweben durch den Raum. Nach gut drei Minuten wird es dann durch weitere Klangfarben und Melodiebögen dynamischer. Nach etwas mehr als fünf Minuten sorgt dann der Sequenzer für sehr schöne Impulse. Hier hat das Stück seine Stärken.

Mit 18 Minuten ist „The Radiant Dome“ das längste Stück des Albums. Es beginnt mystisch und bedrohlich. Gut vier Minuten baut Wolfgang Stimmungen auf, bevor es dann mit Schlagzeug (Becken werden bearbeitet) und eingängigen Synthieklangmustern weitergeht. Und nach mehr als fünf Minuten entwickelt sich das Stück zu einem kraftvollen melodischen Track, der recht rockig aus den Boxen schallt. Das gefällt mir sehr gut. Auch jazzig und proggig anmutende Klänge sind in diesem Longtrack enthalten.

Das eingängige zwölfminütige „Galactic Corridors“, das im zweiten Teil einen sehr schönen Rhythmus aufweist sowie das neunminütige „Torrent Of Faces“, das durch seine rockige Ausstrahlung glänzt, beschließen diese neue CD von Alien Nature.

„Who Goes There?“ ist ein gutes, manchmal sogar recht rockiges Album von Alien Nature alias Wolfgang Barkowski geworden. Wer die rockige Variante der Elektronikmusik mag, der sollte hier unbedingt reinhören. Ein gutes Album, das neue Strukturen und Sounds aufzeigt.

Stephan Schelle, Dezember 2012

 
   

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