Stray Cats – Live At Rockpalast
Mig-music / SPV (2015)
(31 Stücke, 145 Minuten Spielzeit)

 Jede Zeit hat ihre Helden, jede Szene ihre Legenden. Die 80er hatten unter anderem die Stray Cats, die heute unbestritten als Ikonen des Neo-Rockabilly bezeichnet werden können, zu einer Zeit (Anfang der 80’er), als die Punkbewegung noch das Musikgeschehen bestimmte und Wave langsam begann zu erblühen. In diese Zeit brachen die drei US-Amerikaner Brian Setzer (Gitarre, Gesang), Lee Rocker (Bass) und Slim Jim Phantom (Schlagzeug) mit ihrem Rockabilly-Sound ein.

Die drei blutjungen Musiker mit ihren Tollen, die an Rock’N’Roll-Musiker  erinnerten, zeigten live eine sehr druckvolle Performance, die nicht nur Freunde des Rockabilly mitriss. Bei ihren Auftritten war immer auch ein bisschen das Flair von Rebellion und Widerstand zu spüren, was ihre Gigs so besonders machte. Von diesem Flair kann man sich jetzt selbst überzeugen, denn mig-music veröffentlicht am 19.06.2015 eine DVD mit zwei Auftritten des Powertrios, die im Rahmen des Rockpalastes entstanden sind.


Die DVD enthält ein Konzert vom 16. Juli 1981, das in den Satory-Sälen in Köln mitgeschnitten wurde und zum anderen den Auftritt vom 20. August 1983, bei dem die Stray Cats im Rahmen der Rockplast-Nacht auf der Freilichtbühne der Loreley auftraten. Bei letzterem Gig teilten sich die Drei die Bühne mit Joe Cocker, U2 und der Steve Miller Band. Ein Gig, den sie wohl so schnell nicht vergessen werden, war die Loreley doch ausverkauft.

Beim Auftritt in Köln wirkt das Trio rau und rebellisch. Man spürt förmlich, dass die Jungs Rock’N’Roll leben und diese Musikart wiederbeleben wollen. Brian Setzer, der mit seiner Tolle unter anderem an James Dean erinnert, wollte seine Gitarre wie Eddie Cochran spielen und das gelang ihm auch. Für seine Spielweise erhielt er nach dem legendären Chet Atkins ein eigenes Signature-Modell der Kult Firma Gretsch, deren Gitarren er ausschließlich spielte.

Doch die Stray Cats sind nicht nur Setzer, sein überragendes Gitarrenspiel und sein „crooning“: Lee Rocker und Slim Jim Phantom sind für den speziellen Sound des Trios mindestens genauso verantwortlich. Phantoms rudimentäres Schlagzeugspiel aus dem Stand wurde zum Vorbild für Rockabilly-Schlagzeuger weltweit, seine wilden Zwischenschreie in den Songs gehören genauso zu den Stray Cats wie Brian Setzer’s Licks und Lee Rockers auf den Punkt gespielter „Klacker“-Bass. Der behandelte sein Instrument wahlweise wie seine Geliebte – die er umarmte oder schlug – oder ein Klettergerüst, auf dem er herum turnte. So der Pressetext, der die Magie der Band gut widerspiegelt.

Vor allem der 81’er Gig in Köln zeigt diese Wildheit der Band, bei dem die Schreie von Slim Jim Phantom durch Mark und Bein gehen. Sie setzten einen Kontrapunkt zur Rock’N’Roll durchtränkten Musik der Stray Cats. Sie wirkten bei dem Auftritt noch sehr authentisch und unverbraucht. Zwei Jahre später waren sie schon von der Musikindustrie und ihrem Erfolg gezeichnet. Die ist gut zu sehen während ihres Auftrittes auf der Loreley. Zwar hat das Trio immer noch den besonderen Charme zu bieten, doch wirkt der Auftritt etwas glatter und nicht mehr ganz so rebellisch. Das schadet dem Gesamteindruck aber in keinster Weise.

Vor allem die Kulisse auf der Loreley und die Gastauftritte von Mel Collins am Saxophon und Dave Edmunds – ihrem Entdecker – an der Gitarre machen diesen Gig wirklich sehenswert. Schön ist auch, dass die Rockabilly-Fans, die tanzend auf die Bühne springen, während Setzer sich nahe an die Zuschauer begibt, nicht von den Ordnern weggedrängt werden, sondern sie tanzen lassen. Das Trio vermochte es die Stimmung im Publikum hoch oben über dem Rhein zu entfachen und bereitete den Boden für die Hauptacts.

Erstmals werden beide Konzerte in bester Bildqualität auf DVD veröffentlicht. Die DVD enthält auch noch ein achtseitiges Booklet im CD-Format mit einigen Infos und Fotos von den Konzerten.

„Live At Rockpalast“ ist eine schöne Werkschau der Stray Cats, die das Charisma des Powertrios gut einfängt. Freunden des Rock’N’Roll und Rockabilly ist dieses DVD (die Konzerte erscheinen auch auf CD) sehr zu empfehlen.

Stephan Schelle, Juni 2015


 
 

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