Schiller – Lichtblick (DVD)
Island / Universal (2010)
(DVD: 40 Stücke, Minuten Spielzeit / CD: 9 Stücke, 44:10 Minuten Spielzeit)

Im Frühjahr ging Christopher von Deylen, Kopf des Musikprojektes Schiller, mit Band auf eine 14 Konzerte umfassende Tournee durch Deutschland. Im Gepäck hatte er sein neues Album „Atemlos“ sowie einige Klassiker. Wie gewohnt bot Schiller großes Kino und davon können sich die Musikfreunde ab dem 26.11.2010 (rechtzeitig zum beginnenden Weihnachtsgeschäft) auch noch einmal überzeugen oder die gesehenen Konzerte Revue passieren lassen. Dokumentiert wird die „Atemlos“-Tour mit der DVD „Lichtblick“. Sie besteht aus einem im Buchformat verpackten Set (kennt man schon von den letzten Schiller-Veröffentlichungen) mit zwei DVDs und einer CD. Mir liegt ein Promoexemplar vor, das Teile der fertigen Produktion zeigt, daher beschränke ich mich hier auf den Gesamteindruck, der, das kann ich hier schon mal vorweg nehmen, überwältigend ist.

DVD Nummer 1 zeigt einen Mitschnitt vom Konzert in der voll besetzten Color Line Arena in Hamburg. Ganze 26 Stücke beinhaltet der Konzertmitschnitt und präsentiert eine sehr gut aufgelegte Band, die die Hanseaten in „Null Komma Nichts“ zum klatschen und tanzen bringt. Da ist nichts von der unterkühlten norddeutschen Art zu spüren, ganz im Gegenteil.

Selten war ein Titel einer DVD so treffend wie es „Lichtblick“ für die neue Schiller-Produktion ist. Wahre Lichtblicke bekommt der Zuschauer, wenn er die Scheinwerferdurchflutete Color Line Arena sieht. Ein Meer aus farbigem Licht, das speziell auf die Musik zugeschnitten ist, fließt über die Bühne und durch die Halle. Nicht nur die Musiker stehen teilweise in tiefblauen Schwaden oder bewegen sich in rot durchfluteten Sphären, auch der Zuschauerraum wird in die Lichtshow mit integriert, was in der Totalen eine beeindruckende Sichtweise bekommt. Als ich bei einem der Konzerte direkt vor der Bühne stand, war ich wie in diesen Farbwolken gefangen. Hier auf der DVD bekommt man noch einmal ganz andere Einblicke in diese phantastische Lichtshow.

Aber auch die Sängerinnen, die Christopher während der Tour auf die Bühne holte, sind wahre Lichtblicke. Kim Sanders gehört schon – und ich muss sagen Gott sei Dank – zur Stammbesetzung. Wie sie hier mit ihrer Stimme und Bühnenpräsenz das Publikum begeistert und in ihrer Hand zum schmelzen bringt, das ist einfach immer wieder beeindruckend. Und auch Kate Havnevik, Mia Bergstroem und vor allem die bezaubernde Anggun sorgen für so manchen Lichtblick in der Show. Man weiß, dass Christopher bei den DVD-Produktionen auch Gastmusiker auf die Bühne holt, die ansonsten leider nicht bei der Tour dabei sein können. Und so präsentiert er zum einen Mia Bergstroem, die den Song „Playing With Madness“ singt und zum anderen Midge Ure der eine klasse Version von „Let It Rise“ bietet.

Die „beste Liveband der Welt“, die Christopher auf der Tour begleitet besteht aus den bereits bekannten Musikern Ralf Gustke (akustisches Schlagzeug), Cliff Hewitt (elektronisches Schlagzeug), Christian Kretschmar (Synthesizer) und Tissy Thiers (Bass). Für den langjährigen Gitarristen Mickey Meinert ist auf der Tour Andreas Binder an den Saiten zu sehen und zu hören. Er macht eine sehr gute Figur, so als sei er schon immer dabei gewesen.

Der Klang der DVD ist im DTS 5.1 Format überwältigend. Allein schon der Eröffnungstitel, die Instrumentalversion von „Playing With Madness“ ist ein Ohrenschmaus. Hier dreht sich der Sound um den Hörer, denn die Klänge wandern um einen herum. Das ist einfach atemberaubend und perfekt umgesetzt. Neben den neuen Stücken werden auch zahlreiche ältere Titel wie „Ruhe“, „Ein schöner Tag“ „Das Glockenspiel“ oder „Sehnsucht“ in neuen, leicht umarrangierten Versionen geboten, die alle Sinne ansprechen. Außerdem ist auf der ersten DVD noch eine gut 15minütige Doku von Philip Glaser mit dem Titel „Ten More“ enthalten, die die Band neben und hinter der Bühne zeigt. Man kann gut erkennen, das auch langjährige Profis noch Lampenfieber haben, was sie alle wieder sehr menschlich und sympathisch macht.

Die zweite DVD bietet einen Leckerbissen. Bei einem Geheimkonzert in Berlin, zu dem lediglich 100 geladene Gäste anwesend waren, spielte Christopher einige seiner Instrumentaltracks mit „kleinem Besteck“. Das soll heißen, dass die Liveperformance nur von Christopher von Deylen, Christian Kretschmar und Cliff Hewitt dargeboten wurde. Die Stücke waren leicht umarrangiert und entfalten so eine etwas andere Atmosphäre. Man höre sich beispielsweise nur das Schlagzeug von Cliff in „Soho“ an, wow, was für ein Rhythmus. Dazu wurde keine große Show geboten, alles war viel intimer wie bei den großen Konzerten und hatte trotz spartanischer Beleuchtung etwas Magisches. Schon beim zusehen am Fernseher bekommt man Gänsehaut.

Als weiterer Bonus liegt dem Paket noch eine CD mit neun brandneuen Stücken bei. Nach der Tour zog es Christopher erneut ins Studio, denn er hatte schon wieder einige Ideen, die er mit den Sängerinnen Kate Havnevik, Mia Bergstroem, Despina Vandi und Anggun umsetzte. Vier sehr schöne Gesangstitel, die von fünf Instrumentals eingerahmt werden bieten noch einmal fast 45 Minuten komplett neue Musik. Neben „Lichtblick“ wird es das Livekonzert auch als reine CD (mit 14 Stücken) als EinzelDVD oder Blueray mit dem Titel „Atemlos Live“ geben. Ich kann aber jedem nur empfehlen die „Lichtblick“-Version zu kaufen, die mehr Material enthält. Der absolute Leckerbissen ist aber die Ultra Deluxe Edition, die in einem 50 x 50 cm großen Bild, das auf Leinwand gezogen ist und auf 1.000 Stück limitiert wurde. Sie wurde von Christopher signiert und enthält 2 DVDs und 3 CDs (darunter das komplette Konzert auf DoppelCD).

Mit „Lichtblick“ hat Christopher von Deylen aka Schiller wieder einmal einen Maßstab für Konzertproduktionen gesetzt. Bild und Klang lassen keine Wünsche übrig. Beim Anschauen der DVD – die Blueray wird noch mal ein verbessertes Bild und evtl. einen noch transparenteren Klang, wenn das überhaupt geht, bieten – laufen einem ständig wohlige Schauer über den Rücken und die Gänsehaut will sich gar nicht mehr zurückbilden.

Die Produktion ist ein Muss für jeden, der noch zwei Ohren und zwei Augen hat. Aber Vorsicht!!! Dieser Stoff macht süchtig.

Stephan Schelle, November 2010


 
 

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