Public Image Limited – Live At Rockpalast 1983
mig / made in germany music (2012)
(13 Stücke, 72 Minuten Spielzeit)

In den 70’ern machte eine Bewegung auf sich aufmerksam, die den meisten Musikfreunden zu anarchistisch war, der Punk. Eine der ganz großen und wegweisenden Bands waren die Sex Pistols um ihren charismatischen Sänger John Lydon. Aber nicht nur mit den Sex Pistols sorgte Lydon für Furore, auch mit der Nachfolgeband Public Image Limited, kurz PIL genannt, sorgte er für Aufsehen.

Der Rockpalast, der vom WDR produziert wurde, kümmerte sich um eine große Bandbreite von Musikrichtungen und so ist es nicht verwunderlich, dass neben Westcoastgrößen und bekannten Blues- und Rockbands auch der Punk oder besser gesagt die Auswüchse daraus in die beliebte Rocksendung fanden. 1983 traten PIL in der Bochumer Zeche in der Besetzung John Lydon (Gesang), Joseph Guida (Gitarre), Louis Bernardi (Bass), Arthur Stead (Keyboards) und Martin Atkins (Schlagzeug) auf und der Rockpalast schnitt dieses Konzert mit. Am 27.01.2012 erscheint nun bei mig dieser Mitschnitt in voller Länge.


„Dies ist ein Oldie namens ‘Religion’„. Mit diesen Worten kündigt John Lydon einen Song des ersten PIL Albums „First Issue“ in diesem historischen „Rockpalast“-Konzert an, das am 31. Oktober 1983 aufgezeichnet wurde. Diese Ansage zeigt nicht nur den Humor der ehemaligen Sex Pistols-Gallionsfigur, sie dokumentiert zugleich, dass viele Jahre seit der Blütezeit der berühmtesten Punk-Band der Welt ins Land gegangen sind und dass John Lydon’s neue Erfindung damals bereits seit sechs Jahren existierte: Public Image Limited.

Seinerzeit war PIL ein Schock für die treuen Anhänger der Sex Pistols, denn Lydon und seine Gefährten vernichteten alle Stereotypen der Punk-Bewegung und erfanden einen einzigartigen, unkonventionellen und zum Teil sehr dunklen und verstörenden Sound, der seine Einflüsse aus Stilen wie Rock, Dance, Folk, Ballet, Pop und Dub hatte.

Im Nachhinein wurden die ersten drei Alben „First Issue“, „Metal Box“ und „Flowers Of Romance“ Post-Punk-Klassiker, nicht allein wegen ihrer musikalischen Radikalität, die zu diesem Zeitpunkt mit kaum einer anderen Band verglichen werden kann, sondern auch wegen der charismatischen Persönlichkeit John Lydon’s und seinem einzigartigen Gesangsstil.

Und auch heute noch wirken die Songs von PIL radikal und dreckig. Das liegt vor allem auch an der gesanglichen Interpretation Lydon’s. Kann man bei ihm eigentlich von Gesang sprechen? Seine Stimme klingt immer provozierend, verrückt und disharmonisch zur Melodie, die von der Band gespielt wird. Aber genau das macht den Reiz der Musik aus. Und auch sein Outfit war provozierend. Er trat in einem Mantel, der eine Mischung aus Trechncoat und Bademantel war, auf.

Dieses Konzert, in der Zeche Bochum aufgezeichnet, ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Es enthält nicht nur die Highlights der frühen Alben wie den Song „Public Image“ (zweimal gespielt), sondern auch eine eindringlich und selten gespielte Version von „Chant“ oder „Under The House“, eine ebenfalls selten gespielte Version des Sex Pistol-Klassikers „Anarchy In The UK“ sowie einige Highlights des bis dahin noch anstehenden 1984er-Albums „This Is What You Want ... This Is What You Get“, darunter einen der größten PIL-Hits aller Zeiten: „(This Is Not A) Love Song“.

Neben diesem Konzert gibt es als Bonus noch ein ca. sechsminütiges Interview, das Alan Bangs (einer der damaligen Moderatoren des Rockpalast) mit John Lydon führte sowie bisher nicht gezeigte Bilder (sieben Minuten) von den Proben.

Mit „Public Image Limited - Live At Rockpalast“ haben mig ein weiteres Zeitdokument der Rockpalast-Geschichte aufbereitet.

Stephan Schelle, Januar 2012


 
 

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