Das Sahnehäubchen dieser DVD ist aber zweifellos der 78’er Auftritt in
Dortmund, der auf der DVD gut 60 Minuten umfasst. Völlig verrückt geht
Nina bei diesem Konzert zu Werke, so wie man sie kennt. Mimik, Gestik
und Stimmlage variieren am laufenden Band. Der Auftritt beginnt mit der
eigenen Interpretation des Tubes-Klassikers „White Punks On Dope“, das
bei Nina „TV-Glotzer“ heißt. Schon von den ersten Sekunden an sprüht
Nina voller Energie und singt und schreit sich förmlich die Seele aus
dem Laib. Und ihre Begleitband zeigt, welche Klasse die Musiker damals
schon hatten. Diese Formation war wahrscheinlich die Beste, die Nina je
unterstützte, denn sie agieren unglaublich druckvoll und rockig.
Mit Ausnahme des Stückes „Fisch im
Wasser“ spielen Nina und ihre Band das komplette Debütalbum. Dazu gibt
es mit „Hermann hieß er“ einen Song der auf dem zweiten Album
„Unbehagen“ erscheinen sollte und „May Way“, einer deutschen
Interpretation des Evergreens, noch zwei weitere Songs. Allein wegen
dieses Mitschnitts ist diese DVD ihr Geld wert.
Die zweite DVD zeigt Nina dann 20
Jahre später und gereifter. Sie hatte sich längst vom Punk abgewendet
und neue Musikformen in ihren Sound integriert. Das zeigt dann auch der
70minütige Mitschnitt aus Bonn. Funk und Soul hatten Einzug in ihre
Musik gehalten, doch ist es immer noch ihre eigene Art zu singen, die
ihre Stücke so besonders machen. Und so agiert sie auch bei diesem
Auftritt in Bonn äußerst Energie geladen und Stimmgewaltig. Allerdings
ist die Band, das sind an diesem Tag Joshua M. Lopez (Gitarre, Gesang),
Eric Moon (Tasteninstrumente), Brad van Loenen (Bass, Gesang) und Jeff
Mince (Schlagzeug) nicht ganz so rockig und druckvoll wie es Heil,
Mitteregger, Potschka und Praeker waren. Das ist aber auch dem neuen
Sound von Nina’s Stücken geschuldet, auch wenn dies gerade bei den
älteren Songs wie zum Beispiel „TV-Glotzer“ besonders deutlich wird.
Highlights sind aber sicherlich das Reggae durchströmte „African Reggae“
und das elektronische „Zarah (Ich weiß, es wird einmal ein Wunder
geschehn)“.
Während die Bildqualität der 78’er
Aufnahme etwas blass ist, so ist der 99’er Mitschnitt sehr gut gelungen.
Das Tonformat liegt bei beiden Aufnahmen in PCM-Stereo vor.
Auf dieser DVD sieht man schön, wie
sich Nina im Laufe der Zeit weiterentwickelt hat. Sie ist sicherlich
eine der wichtigsten weiblichen Personen im deutschen Musikbusiness und
so ist auch dieses Bildmaterial für die heimische Rocksammlung
unverzichtbar - vor allem wegen dem 78’er Mitschnitt.
Stephan Schelle,
November 2012