Kraftwerk – 3D – Der Katalog - 12345678
Warner Music / Parlophone (2017)
(8 Stücke, 77 Minuten Spielzeit)

Am 26. Mai 2017 veröffentlicht Warner Music/Parlophone die kompletten Kraftwerk-Meisterwerke 12345678 unter dem Namen ”3-D Der Katalog“ in unterschiedlichen Konfigurationen auf BluRay, DVD, Vinyl, CD und als Download. Mir lag zur Besprechung die normale BluRay/DVD-Version vor, die nur einen Teil der Konzerte beinhaltet, die Kraftwerk weltweit in 13 Städten und in außergewöhnlichen Location gespielt hat.

Diese Dokumentation der spektakulären Multi-Media 3-D-Auftritte der Elektronik-Pioniere Kraftwerk in den führenden Kunstmuseen der Welt (Museum of Modern Art New York, Tate Modern London, Neue National Galerie Berlin und vielen anderen) aus den Jahren 2012 bis 2016 erscheint in höchster Bild- und Tonqualität mit atemberaubenden Hi Definition 3-D Visuals und State Of The Art-Audio mit Dolby Atmos Surround Sound.


77 Minuten ist das Livedokument in dieser Fassung lang und enthält jeweils einen Track aus ihren sieben Studioalben von „Autobahn“ bis „Tour de France“ sowie einen weiteren Track von „Die Mensch-Maschine“. Die acht Stücke sind in 19 Kapitel auf der BluRay/DVD verteilt, da in einigen Fällen Auszüge aus den Alben (mehrere Tracks zusammengefasst) gespielt wurden. Wer mehr haben möchte, der muss tief in die Tasche greifen, denn eine 4 BluRays umfassende Box mit einem umfangreichen Buch liegt derzeit bei gut 170 Euro und die Box mit acht CDs lässt sich die Band noch einmal mit ca. 50 Euro versilbern.

Als Audioformate der BluRay/DVD liegen Dolby Atmos (5.1 kompatibel), Stereo und Headphone Surround 3 D vor. Das Bild ist darüber hinaus auf der BluRay in 2D und 3D enthalten. Ich habe den Fokus bei der Besprechung auf die 3D-Fassung gelegt. In 2D kommen die Bilder zwar auch ganz gut rüber und besitzen auch einen gewissen räumlichen Effekt, aber erst in 3D kommen sie so richtig zur Geltung.

Beeindruckend ist zunächst schon einmal das Menü, bei dem die Zahlen 12345678 im Hintergrund dreidimensional dahinwabern, während atmosphärische, spacige Synthieklangcollagen durch den Raum ziehen.

Der Konzertmitschnitt, der Kraftwerk in der Formation Ralf Hütter (einzig verbliebenes Originalmitglied), Henning Schmitz, Fritz Hilpert und Falk Grieffenhagen zeigt, beginnt mit einer mehr als 14minütigen Fassung von „Autobahn“, das ihre damalige Karriere begründete, nachdem bereits drei Alben mit eher experimenteller Musik unter dem Namen von Kraftwerk erschienen waren.

Ein VW-Käfer wird als Computeranimation gezeigt, gefolgt von dem bekannten Autobahnschild. Dann wird langsam auf die Band gezoomt, um im nächsten Moment in eine Computeranimation zu wechseln, die das berühmte Cover mit bewegten Bildern zum Leben erweckt. Die Animationen sehen ein wenig nostalgisch aus, wirken aber durch den 3D-Effekt sehr gut.

Es folgt als nächstes eine fast siebenminütige Version von „Radioaktivität“. Hier kommt dann auch Ralf Hütter kurz ins Bild und es gibt auch wieder einige kurze Totale, die die Band zeigt, die aber in ihrem gestreiftem Schwarz/Weiß-Outfit vor ihren Konsolen ebenfalls wie Computeranimationen wirken. Die Effekte sind sparsam und beziehen sich größtenteils auf das Design der frühen Cover. Vielleicht ist es gerade diese Reduziertheit, die eine gewisse Faszination verströmt.

Mit dem „Trans Europa Express“ geht es dann weiter. Fast acht Minuten nehmen uns die Düsseldorfer mit auf eine Reise durch die Nacht, denn der TEE fährt durch die dunkle Nacht und wird grafisch recht spärlich aber wirksam dargestellt. Kraftwerk agieren hier, wie bei den anderen Stücken, fast bewegungslos und lassen ihr Image als „Mensch-Maschinen“ perfekt aufleben. Die folgt dann in einer fünfminütigen englischen Version („The Man Machine“). Die auf dem Bildschirm zu sehenden grafischen Elemente springen förmlich in den Raum.

Bei der 6:20minütigen Fassung von „Computerwelt“ wird zunächst das Stück „Nummern“ geboten bei dem die Ziffern in einer Art aus dem Bildschirm fliegen, das einem fast schwindlig wird. Daran schließt sich dann das Titelstück an. Der 13minütige Auszug aus dem Album „Techno Pop“ beginnt mit einer Version von „Boing Boom Tschak“ und geht dann in „Techno Pop“ und „Musique Non-Stop“ über. Zu Letzterem ist das bekannte Video aus dem Jahr 1986 zu sehen, das hier aber in 3D noch besser wirkt. Dabei wird deutlich, dass sich das Outfit der Band bei den aktuellen Konzerten an dem Video ausgerichtet hat.

Mit 7:44 Minuten schlägt dann die Version von „Die Roboter“ zu Buche. Bei diesem Track haben die vier dann kurzerhand das Outfit gewechselt bzw. wurden durch ihre animierten Konterfeis ausgetauscht. Der Song klingt in dieser Version zwar immer noch wie das Original, scheint aber eine Frischzellenkur unterzogen worden zu sein. Den Abschluss bildet dann ein fast 15minütiger Auszug aus dem Album „Tour de France“. Gespickt ist dieser Teil, unter anderem von alten Tour de France-Aufnahmen, denen man einen 3D-Effekt spendiert hat, was aus meiner Sicht aber nicht hätte sein müssen, da er unecht wirkt.

Die einfache BluRay/DVD-Version stellt so etwas wie eine „Best Of“ dar, denn alle wichtigen Titel mit Ausnahme des großen Hits „Das Model“ sind vertreten.

Die Stücke wurden neu arrangiert und mit neuen, teils frischen Sounds und Rhythmen versehen, was den Stücken sehr gut zu Gesicht steht. Klanglich ist das Ergebnis von aller erster Güte. Der Sound kommt aus allen Boxen glasklar und ist perfekt abgemischt. Besser geht es nicht. Wer nicht so tief in die Tasche greifen will oder kann, der bekommt mit dieser BluRay/DVD ein hervorragendes Dokument der Livekonzerte, die Kraftwerk im Zeitraum 2012 – 2016 gegeben hat.

Stephan Schelle, Mai 2017


 
 

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