Joe Jackson ist zwar heute
legendär, aber eine höchst betriebsame Legende - er nimmt weiterhin
Platten auf, gibt überraschende Konzerte mit verschiedenen Besetzungen,
wohnt mal in Berlin, mal auf der Isle Of Wight und hat noch einen Koffer
in New York. Er hatte schon eine Karriere vor seinem Debüt-Album „Look
Sharp!“, das 1979 erschien: In seinem Erinnerungsbuch „A Cure For
Gravity“ kann man nachlesen, wie Jackson und seine Band in einem kleinen
Bus durch England zuckelten und in Kaschemmen für ein desinteressiertes
Publikum Stücke von David Bowie spielten.
Wenn man sich die zweite DVD mit dem
Mitschnitt aus 1980 anschaut, dann kommen hier Parallelen zu
vorgenannten Erlebnissen auf, denn im bestuhlten Kölner WDR Studio wirkt
es schon etwas skurril, dass sich die Band auf der Bühne mit ihren
Rock’N’Roll getränkten Songs einen abspielt und das Publikum eher ruhig
auf den Sitzen verharrt (nur vereinzelte Zuschauer gehen mit). Mit
dieser Situation nicht ganz zufrieden, lässt sich Jackson zu einigen
spöttischen Reaktionen hinreißen. Der sehenswerte Gig, den Jackson und
Band spielten, absolvierten sie in der Besetzung Joe Jackson (Harp,
Gesang), Graham Maby (Bass, Gesang), Gary Sanford (Gitarre, Gesang) und
Dave Houghton (Schlagzeug, Gesang). Lustig ist anzusehen, wenn Jackson
eine Kiste, hinter der sich ein Kameramann verbirgt, beiseite schiebt
und diesen damit enttarnt.
Der Gig in der Grugahalle fiel dagegen
wesentlich professioneller, energievoller und voluminöser aus. Jackson
lieferte einen mitreißenden Gig, bei dem neben ihm Garaham Maby (Bass,
Gesang), Joy Askew (Keyboards, Gesang), Ed Rynesdal (Keyboards, Gesang),
Sue Hadjopoulos (Perkussion, Gesang) und Larry Tolfree (Schlagzeug,
Gesang) auf der Bühne standen.
Jackson & Band lieferten ein
mitreißendes Konzert bei dem vor allem die a capella-Version seines Hits
„Is She Really Going Out With Him“ zu einem sehens- und hörenswerten
Erlebnis wird. Aber schon mit dem Betreten der Bühne und dem Opener „On
Your Radio“ kann er punkten und das Publikum mitreißen. Bei diesem Stück
wird der Vergleich zu dem 80’er Konzert besonders deutlich. Der Song
wirkt in der neuen Version viel ausgereifter. Das liegt aber auch an der
vergrößerten Band und der Tatsache, dass sich Joe Jackson auf seinem
Zenit befand. „Another World“ zeigt sich mit seiner ausgefeilten
Perkussion von seiner besten Seite. Nicht nur hier merkt man, dass eine
gehörige Portion an Weltmusik in die Stücke von Joe Jackson Einzug
gehalten haben. Eine jazzige Nummer wie „Tuxedo Junction“ findet sich
dann auch noch auf der Setlist. Und natürlich hat Jackson auch seinen
Hit „Steppin’ Out“ im Programm, bei dem das Publikum dann richtig
abgeht. Zum Ende des Konzertes bieten Joe Jackson und Band ein
15minütiges Medley von Motown-Songs. Alleine dieses mitreißende Medley
ist es Wert, dass das Konzert der Nachwelt erhalten bleibt.
Eine Spur intimer fiel der Auftritt in
der Hamburger Markthalle aus, der gut zwei Monate zuvor im Jahr 1983
aufgenommen wurde. Jackson steht mit der gleichen Mannschaft, wie zwei
Monate später in Essen auf der Bühne. Bis auf wenige Ausnahmen sind die
Setlisten aus Hamburg und Essen identisch, das tut dem Genuss aber
keinen Abbruch.
mig haben hier einen wahren Schatz aus
dem Rockpalastarchiv gehoben. Besonders die Entwicklung Jackson’s
zwischen 1980 und 1983 zu sehen, macht einfach nur Spaß. Jedes Konzert
ist für sich gesehen ein Erlebnis. Ein Muss für die Rockpalast-Sammlung.
Stephan Schelle,
März 2012