Am 29. Juli 2011 erscheint eine DVD des Mitschnitts, nachdem im Mai
bereits der Auftritt von Gino Vanelli erstmalig auf CD herausgekommen
ist. Die Titel beider Medien sind identisch, Bonusmaterial befindet sich
auf der DVD nicht.
Das Konzert ist mit mehreren Kameras
aufgenommen worden, die sehr schöne Detailaufnahmen zeigen und auch die
Musiker des Orchesters sehr schön in Szene setzen. Der Schnitt ist sehr
gut gelungen und dem Musikstil angepasst. Besonders viel Spaß macht es
dem Dirigenten Dick Bakker bei seiner Arbeit zuzusehen, denn er scheint
ebenfalls eine Menge Spaß – und den Schalk im Nacken – zu haben. Seine
Gesten sind sehr akzentuiert angelegt und man spürt, mit welcher Liebe
er an die Sache herangeht. Und auch die Inbrunst, mit der Gino Vanelli
seine Stücke interpretiert, wird so erst deutlich.
Recht jazzig geht es mit dem Opener „Alive
By Science“ in das Konzert. Sofort macht sich die markante und an Größen
wie Al Jarreau oder Frank Sinatra erinnernde Stimme breit. Hier wird
zunächst sehr melodischer Bigband-Jazz geboten, der auch in der
Folgezeit weiter fortgeführt wird.
Mit mehr Popappeal ist dann der zweite
Song „Jehovah And All That Jazz“ ausgestattet, das einen gewissen
Latino-Flair verströmt, während „Walter Whitman (Where Are You)“
symphonischen Jazz mit bluesigen Elementen verbindet. Allerdings hat der
Song auch einen gewissen Schnulzencharakter.
Und so zeigen sich auch die anderen
Songs von ihrer konzertanten Jazzseite. Herausragendes Stück des
Auftritts ist allerdings „Wild Horses“, das sich in dieser jazzigen
Version von der Popversion unterscheidet und doch seinen typischen
Charakter beibehalten hat. In dieser Version steht eindeutig Gino’s
Stimme im Vordergrund. Ein absoluter Evergreen, der auch vom Publikum
durch mitklatschen honoriert wird (und auch die Musiker/innen, die nicht
direkt einen Einsatz haben, stimmen in das Klatschen ein). Ein weiteres
Highlight ist aber auch das treibende (mit streckenweise Santana artigen
Rhythmen versehene) „King For A Day“.
Bei seinem Auftritt in Den Haag zeigte
sich Gino Vanelli in einer Mixtur aus orchestralem Jazz, popartigen
Elementen und südamerikanischen Rhythmen sowie Big Band-Sound. Der
Hauptfokus liegt hier sicherlich im Jazz, der stilistisch in die
Richtung Al Jarreau und Frank Sinatra deutet. Aus diesem Grund auch eher
eine Empfehlung für Freunde derartiger Musik. Allerdings macht mir diese
DVD mehr Spaß als die CD, da man hier die Akteure sehen kann und die
Energie und Dynamik noch mehr auf mich Einfluss nimmt. Wenn Produktionen
so wie diese gemacht sind, dann macht es wirklich Spaß über den
musikalischen Tellerrand zu blicken.
Stephan Schelle,
Juli 2011