Tommy B. – Ein Mann schlägt sich durch
Cineco / Hessen Film und Medien (2021)
(65 Minuten Spielzeit)

Ursprünglich wollte Kameramann und Regisseur Enrico Corsano den Schlagzeuger Thomas „Tommy“ Betzler im Rahmen der Arbeiten an einem Film über die Coverband „Floyd Reloaded“ einige Fragen zu Pink Floyd stellen. Wer Tommy kennt, der weiß, dass er viel erlebt hat und eine Menge spannender Geschichten zu erzählen hat. Und so wurde aus den Fragen zur britischen Bandlegende ein Film über den Musiker und Caterer Tommy Betzler, der den Titel „Tommy B. – Ein Mann schlägt sich durch“ trägt.

Das Filmprojekt, das bereits 2014 begonnen wurde, konnte erst im Jahr 2021 abgeschlossen werden, was auf einen Motorradunfall des Regisseurs und seine langwierige Behandlung zurückzuführen ist. Ein Glück, dass der Dokumentarfilm in diesem Jahr abgeschlossen werden konnte. Der Lohn der Arbeit ist unter anderem, dass der Film von der Deutschen Film- und Medienbewertung (kurz FBW) mit dem Prädikat „Besonders wertvoll“ ausgezeichnet wurde. Daraus resultierte auch der Vorschlag für den Hessischen Filmpreis. Jetzt muss er nur noch die breite Öffentlichkeit bekommen, die er verdient.


In dem Film geht es mit Thomas „Tommy“ Betzler auf eine Reise durch die Musikbranche. Ob als Musiker (Schlagzeuger) oder als Caterer, der die Stars auf ihren Tourneen begleitete, Tommy hat viel erlebt und viel zu erzählen. Das macht er auf eine so liebenswerte Art und Weise, dass man nach dem Starten des Films nicht umhinkommt, ihn fasziniert bis zum Ende zu schauen.

Tommy erzählt seine Geschichte direkt in die Kamera, dabei wird das Geschehen immer wieder von eingeflochtenen Bildern und Filmaufnahmen, die zum Thema passen, unterbrochen. Das ist über weite Strecken sehr gut gelungen, an einigen Stellen aber auch störend. Das schmälert allerdings nicht den positiven Gesamteindruck. Unterlegt ist der Film darüber hinaus mit der Musik vom Tommy’s Musikprojekten P‘cock, P’faun sowie der Beteiligung an Sequentia Legenda.

Nach einem kurzen Einspieler eines neueren Auftritts von P‘cock und Fotos aus Tommy’s Leben beginnt Tommy dann etwas zu seiner Jugend und den ersten Kontakten mit Musik - wie zum Beispiel dem Film über Woodstock, der damals in den Kinos lief - zu erzählen. Er hatte schon früh den Wunsch Schlagzeuger zu werden und Musik zu studieren. Seine erste Band war dann auch Peacock, bei der er mit seinen Freunden jeden Tag im Übungsraum war. Doch er hatte zunächst kein Glück, denn die Demos, die er an Labels schickte, wollte keiner veröffentlichen. Es folgte die Trennung noch bevor sie eine Platte eingespielt hatten.

Um neben dem Musikstudium seinen Lebensunterhalt zu bestreiten musste er dann in einer Konzertagentur in Wiesbaden arbeiten. Das war dann der erste Kontakt zum Veranstaltungswesen, der ihm später noch nutzen sollte.

Als der Anruf von Klaus Schulze, der einige Zeit vorher sein IC-Label gegründet und Interesse an den Peacock-Aufnahmen hatte kam, existierte Band nicht mehr. Tommy stellte dann ein neues LineUp zusammen und spielte das Album „The Prophet“ ein, das 1980 auf den Markt kam. Jetzt hatte sich auch der Schriftweise des Bandnamens in P’cock geändert. Musikalisch war die Band im Prog- bzw. Artrock unterwegs. Vorbilder waren damals Bands wie Pink Floyd und Genesis. Leider kam neben „The Prophet“ gleichzeitig ein weiteres Album auf dem IC-Label heraus, dass P’cock’s Werk in den Hintergrund drängte. Es handelte sich um das Debütalbum der Berliner Band Ideal, die mit Songs wie „Blaue Augen“ im Rahmen der NDW so richtig durchstarteten. Es folgte 1981 nur noch ein zweites Album von P’cock unter dem Titel „In ´cognito“.

Durch die Veröffentlichungen auf dem IC-Label hatte Tommy aber Kontakt zu Klaus Schulze, der Gefallen an seinem Spiel gefunden hatte. Dies führte zu einigen Konzertauftritten mit Schulze. Da die Musik aber nicht viel abwarf, musste er sich Alternativen überlegen und ging wieder in die Veranstaltungsbranche. Er war damals zuständig für die ganze Konzertvorbereitung, darunter auch die Verpflegung zu ordern. Es gab dabei öfters Probleme. Dann wurde eines Tages Tommy informiert, dass die Band eine Cateringfirma hatte und er sich nicht mehr kümmern müsse. Da kam Tommy auf die Idee eine eigene Cateringfirma zu gründen, die erste in Deutschland. Nur vier Tage später hatte Tommy’s Firma den ersten Auftrag, er sollte die Tour von The Who verpflegen. Das war der Einstieg ins Catering-Geschäft, bei dem Tommy mehrere Jahre die größten Namen des Showbiz versorgte. Tommy erzählt in zahlreichen kleinen Geschichten und Anekdoten von dieser Zeit.

Es war aber eine sehr stressige Zeit „on the road“ und Tommy arbeitete so viel, dass sein Körper das nicht mehr mitmachen wollte und er sich zurücknahm. Er übernahm dann das Catering für Fernsehproduktionen, was aufgrund des Engagements über einen längeren Zeitraum an einem Ort wesentlich einfacher war.

Am Ende schließt sich dann der Kreislauf und Tommy kehrte wieder zur Musik zurück. Auslöser war die Verleihung des Schallwelle-Preises an Klaus Schulze für sein Lebenswerk. Zu dieser Preisverleihung kam Tommy 2011 ins Planetarium Bochum. Und zu seinem Erstaunen kannten viele ihn noch aus seiner Zeit mit P’cock und Schulze. Kontakte, die er knüpfte, sorgten dann für eine Zusammenarbeit als Schlagzeuger unter anderem mit Picture Palace Music, Michael Brückner und Laurent Schieber. Ein positiver Nebeneffekt des erneuten Schlagzeugspieles ist, dass er seinen Körper auch wieder richtig im Griff hat und es ihm gesundheitlich besser geht.

Es macht einfach Spaß Tommy bei den Erzählungen zuzuhören, in dem er ein Bild der Musikbranche zeichnet und sich somit ein Zeitdokument ergibt, ohne Geheimnisse auszuplaudern. Der Film läuft zunächst in Programmkinos, beginnend am 10.11.2021 in Frankfurt am Main. Wer also Gelegenheit hat sich diesen Film anzusehen, sollte die Gelegenheit nicht verpassen.

Stephan Schelle, November 2021

Der Film läuft am 14.12.2021 um 20:15 Uhr im Rex Kino Darmstadt, der Heimatstadt von Tommy, wo alles begann und wo er immer noch lebt. Es wird ein ganz besonderes Ereignis werden, denn bei der Vorstellung werden sowohl Tommy als auch Regisseur Enrico Corsano anwesend sein.

Tickets kann man dazu online über die folgende Internetseite buchen:

https://www.kinopolis.de/rx/filmdetail/tommy-b-ein-mann-schlaegt-sich-durch/9A564000012PLXMQDD#tickets

 


 
 

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