Das Buch beschreibt den ungewöhnlichen Weg eines Künstlers, der sich
zunächst mit Hollywoodfilmen einen Namen machte und dann sein Leben um
180 Grad drehte und in die Musikbranche einstieg. Das zeugt von Mut und
einer großen Sehnsucht nach Selbstverwirklichung. Dabei hat es Jared
Leto nicht immer leicht (auch heute als „Rockstar“ nicht). Hilmar
Bender’s Eingangsworte passen sehr gut und zeigen auf, wie er sich dem
Thema nähert. Hier ein Auszug:
… Dann wiederum machen wir es uns
einfach und betiteln begnadete Künstler kurzerhand als
Hollywood-Schauspieler. Jared Leto ist so ein Typ. Ein Künstler, der
außerordentliches schauspielerisches Talent hat. Der nach zehn Jahren
und zahlreichen Erfolgen im Filmgeschäft auch noch eine Laufbahn als
Musiker gestartet hat. Mit noch größeren Erfolgen und weltweiter
Anerkennung. Und dann passiert es, dass Leto im Vorübergehen als
Hollywood-Schauspieler tituliert oder gar beiläufig als Hollywood-Diva
beschimpft wird. Umgekehrt hängt man dem Schauspieler Leto das Attribut
Rockstar an. Beides Vereinfachungen, die Jared Leto nicht gerecht
werden. Denn Jared Leto ist nicht nur der Mann mit den blauen Augen und
den vielen Gesichtern. Er ist auch ein Künstler, der das wenige Private,
das ihm sein Lebenswandel erlaubt, strikt für sich behält. Weil er
überdurchschnittlich in der Öffentlichkeit präsent ist, hüllt er sich in
geheimnisvolles Schweigen.
Viel zu selten haben wir bei einem
Künstler den Einblick in den Menschen selbst und wollen nur das
strahlende Abbild anerkennen. Dann wundern wir uns, wenn menschliche
Züge, die zum Teil auch als Schutz dienen und als „divenhaft“ bezeichnet
werden, plötzlich diesen „Star“ in einem ganz anderen Licht zeigen. Oder
noch schlimmer, wenn die Künstler an einen Punkt angelangt sind, an dem
sie keinen Ausweg mehr sehen und durch ihr Handeln (s. Michael Jackson
oder Amy Winehouse) dann nur noch auf ihre negativen Eigenschaften
reduziert werden. Der Mensch will halt nur den Glamour sehen. Aber
kommen wir zu dem Inhalt des Buches.
Das Jared Leto auch im Filmbusiness
erfolgreich war und ist, zeigt seine Vita, in der die Zusammenarbeit mit
zahlreichen bekannten Schauspielern wie Ellen Burstyn, Jennifer Connelly,
Winona Ryder, Christina Ricci, Gabriel Byrne, Christian Slater, Nick
Nolte, Sean Penn, Robert Downey Jr., Edward Norton, Brad Pitt, Angelina
Jolie und Whoopi Goldberg, um nur einige zu nennen, zu finden ist. Hier
beginnt auch das Buch von Bender, der zunächst die Filme abarbeitet, in
denen Jared Leto mitgewirkt hat. Dabei geht er auch auf die Handlung der
Streifen ein, was den Reiz ausmacht, sich den ein oder anderen Film doch
mal (wieder) anzusehen. Man hat ja oft das Aha-Erlebnis, wenn man einen
Künstler kennt und mag, ihn dann in seinen Frühwerken zu sehen, in denen
er einem wohlmöglich gar nicht aufgefallen ist. Somit ist diese
Zusammenstellung eigentlich ein gelungener Einstieg in das Buch.
Allerdings widmet sich Hilmar Bender
im ersten Kapitel für meinen Geschmack zu sehr um den Film „Requiem For
A Dream“, bei dessen Beschreibung er sich mehr im Bereich der Filmkritik
bewegt (Licht, Kostüme, Design, Kamera etc.) und weniger auf den
Künstler Jared Leto eingeht. Das ändert sich dann zwar einige Seiten
später, doch ist der Anteil der Filmbeschreibung und der Umfang der
„Nebenkriegsschauplätze“ für meinen Geschmack hier zu hoch. Das erweckt
den Eindruck von Füllmaterial. Später wird dann aber zum Beispiel bei
der Beschreibung des Films „Chapter 27“ deutlich, mit welcher Hingabe
Jared an die Ausarbeitung von Filmcharakteren herangegangen ist. So hat
er sich statt auf künstliche Fettpolster zurückzugreifen mehrere
Kilogramm angefressen, um dem Charakter ähnlicher zu sein. Dadurch
veränderte sich auch Stimme und Gemütszustand von Leto, was der Rolle
zugute kam.
Im zweiten Teil wird dann vor allem
die Musikerkarriere Leto’s aufgezeigt. Ab da wird es dann auch für den
Leser interessanter, denn jetzt kann man endlich mehr über die Karriere
des Künstlers erfahren. So beschloss er zusammen mit seinem Bruder
zunächst den harten Weg im Musikbusiness zu gehen und nicht seinen bis
dato schon guten Namen als Schauspieler in den Ring zu werfen. Das
führte dazu, das die Band anfangs noch keinen Namen trug und durch die
kleinsten Locations (manchmal müssen es wahre Bruchbuden gewesen sein)
des Landes tingelten. Auch verschickten sie ihre ersten Demobänder ohne
Angabe von Titeln und eines Bandnamens an Labelinhaber. So konnten sich
die Verantwortlichen ganz auf die Musik konzentrieren.
Daneben erfährt man, dass Leto durch
seine verschiedenen Arbeiten immer mehr dazu lernte und später vieles
davon bei der Produktion der Musikvideos nutzte. Er ist ein
Perfektionist, der vieles oder besser alles unter Kontrolle hat.
Beide Teile (Film- und Musikkarriere)
sind mit zahlreichen Fotos belegt (im Mittelteil befinden sich auf 16
Seiten zahlreiche Farbfotografien, während ansonsten im Buch die Bilder
in schwarz/weiß gehalten sind.
Schon allein wegen der zahlreichen
Bebilderungen macht das Buch Sinn. Ob man als Fan nun wirklich so viel
Neues erfährt, scheint fraglich. Bis auf die an einigen Stellen zu lang
geratenen Filmbesprechungen lässt sich das Buch allerdings gut lesen.
Aus diesem Grund hinterlässt die Biografie von Hilmar Bender bei mir
einen zwiespältigen Eindruck. Für Fans aber geeignet.
Stephan Schelle,
Oktober 2011