Jared Leto – von Hilmar Bender
UBooks Verlag (2011)
(283 Seiten, Softcover mit zahlreichen Abbildungen
Format 14 × 19,5 cm, ISBN 978-3-939239-19-2)

Jared Leto ist ein Phänomen. Seinen Karrierestart machte er in der TV-Serie „Willkommen im Leben“, später spielte er in zahlreichen Blockbustern mit und schrieb Filmgeschichte mit der Darstellung eines Drogensüchtigen in dem Drama „Requiem For A Dream“ von Darren Aronofsky.

Schließlich kehrte er Hollywood weitestgehend den Rücken zu und gründete 1998 als Sänger und Gitarrist zusammen mit seinem Bruder die Band „30 Seconds To Mars“. Mit mittlerweile drei Alben ist es ihm auch hier gelungen, weltweit Fans und Kritiker zu beeindrucken.

Hilmar Bender spürt in seiner Biografie dem Phänomen, aber auch dem Menschen Jared Leto nach und fördert so manches zu Tage, was selbst der eingefleischte Fan sicherlich noch nicht weiß. Das verspricht der Pressetext, kann es meines Erachtens aber nicht ganz halten.


Das Buch beschreibt den ungewöhnlichen Weg eines Künstlers, der sich zunächst mit Hollywoodfilmen einen Namen machte und dann sein Leben um 180 Grad drehte und in die Musikbranche einstieg. Das zeugt von Mut und einer großen Sehnsucht nach Selbstverwirklichung. Dabei hat es Jared Leto nicht immer leicht (auch heute als „Rockstar“ nicht). Hilmar Bender’s Eingangsworte passen sehr gut und zeigen auf, wie er sich dem Thema nähert. Hier ein Auszug:

… Dann wiederum machen wir es uns einfach und betiteln begnadete Künstler kurzerhand als Hollywood-Schauspieler. Jared Leto ist so ein Typ. Ein Künstler, der außerordentliches schauspielerisches Talent hat. Der nach zehn Jahren und zahlreichen Erfolgen im Filmgeschäft auch noch eine Laufbahn als Musiker gestartet hat. Mit noch größeren Erfolgen und weltweiter Anerkennung. Und dann passiert es, dass Leto im Vorübergehen als Hollywood-Schauspieler tituliert oder gar beiläufig als Hollywood-Diva beschimpft wird. Umgekehrt hängt man dem Schauspieler Leto das Attribut Rockstar an. Beides Vereinfachungen, die Jared Leto nicht gerecht werden. Denn Jared Leto ist nicht nur der Mann mit den blauen Augen und den vielen Gesichtern. Er ist auch ein Künstler, der das wenige Private, das ihm sein Lebenswandel erlaubt, strikt für sich behält. Weil er überdurchschnittlich in der Öffentlichkeit präsent ist, hüllt er sich in geheimnisvolles Schweigen.

Viel zu selten haben wir bei einem Künstler den Einblick in den Menschen selbst und wollen nur das strahlende Abbild anerkennen. Dann wundern wir uns, wenn menschliche Züge, die zum Teil auch als Schutz dienen und als „divenhaft“ bezeichnet werden, plötzlich diesen „Star“ in einem ganz anderen Licht zeigen. Oder noch schlimmer, wenn die Künstler an einen Punkt angelangt sind, an dem sie keinen Ausweg mehr sehen und durch ihr Handeln (s. Michael Jackson oder Amy Winehouse) dann nur noch auf ihre negativen Eigenschaften reduziert werden. Der Mensch will halt nur den Glamour sehen. Aber kommen wir zu dem Inhalt des Buches.

Das Jared Leto auch im Filmbusiness erfolgreich war und ist, zeigt seine Vita, in der die Zusammenarbeit mit zahlreichen bekannten Schauspielern wie Ellen Burstyn, Jennifer Connelly, Winona Ryder, Christina Ricci, Gabriel Byrne, Christian Slater, Nick Nolte, Sean Penn, Robert Downey Jr., Edward Norton, Brad Pitt, Angelina Jolie und Whoopi Goldberg, um nur einige zu nennen, zu finden ist. Hier beginnt auch das Buch von Bender, der zunächst die Filme abarbeitet, in denen Jared Leto mitgewirkt hat. Dabei geht er auch auf die Handlung der Streifen ein, was den Reiz ausmacht, sich den ein oder anderen Film doch mal (wieder) anzusehen. Man hat ja oft das Aha-Erlebnis, wenn man einen Künstler kennt und mag, ihn dann in seinen Frühwerken zu sehen, in denen er einem wohlmöglich gar nicht aufgefallen ist. Somit ist diese Zusammenstellung eigentlich ein gelungener Einstieg in das Buch.

Allerdings widmet sich Hilmar Bender im ersten Kapitel für meinen Geschmack zu sehr um den Film „Requiem For A Dream“, bei dessen Beschreibung er sich mehr im Bereich der Filmkritik bewegt (Licht, Kostüme, Design, Kamera etc.) und weniger auf den Künstler Jared Leto eingeht. Das ändert sich dann zwar einige Seiten später, doch ist der Anteil der Filmbeschreibung und der Umfang der „Nebenkriegsschauplätze“ für meinen Geschmack hier zu hoch. Das erweckt den Eindruck von Füllmaterial. Später wird dann aber zum Beispiel bei der Beschreibung des Films „Chapter 27“ deutlich, mit welcher Hingabe Jared an die Ausarbeitung von Filmcharakteren herangegangen ist. So hat er sich statt auf künstliche Fettpolster zurückzugreifen mehrere Kilogramm angefressen, um dem Charakter ähnlicher zu sein. Dadurch veränderte sich auch Stimme und Gemütszustand von Leto, was der Rolle zugute kam.

Im zweiten Teil wird dann vor allem die Musikerkarriere Leto’s aufgezeigt. Ab da wird es dann auch für den Leser interessanter, denn jetzt kann man endlich mehr über die Karriere des Künstlers erfahren. So beschloss er zusammen mit seinem Bruder zunächst den harten Weg im Musikbusiness zu gehen und nicht seinen bis dato schon guten Namen als Schauspieler in den Ring zu werfen. Das führte dazu, das die Band anfangs noch keinen Namen trug und durch die kleinsten Locations (manchmal müssen es wahre Bruchbuden gewesen sein) des Landes tingelten. Auch verschickten sie ihre ersten Demobänder ohne Angabe von Titeln und eines Bandnamens an Labelinhaber. So konnten sich die Verantwortlichen ganz auf die Musik konzentrieren.

Daneben erfährt man, dass Leto durch seine verschiedenen Arbeiten immer mehr dazu lernte und später vieles davon bei der Produktion der Musikvideos nutzte. Er ist ein Perfektionist, der vieles oder besser alles unter Kontrolle hat.

Beide Teile (Film- und Musikkarriere) sind mit zahlreichen Fotos belegt (im Mittelteil befinden sich auf 16 Seiten zahlreiche Farbfotografien, während ansonsten im Buch die Bilder in schwarz/weiß gehalten sind.

Schon allein wegen der zahlreichen Bebilderungen macht das Buch Sinn. Ob man als Fan nun wirklich so viel Neues erfährt, scheint fraglich. Bis auf die an einigen Stellen zu lang geratenen Filmbesprechungen lässt sich das Buch allerdings gut lesen. Aus diesem Grund hinterlässt die Biografie von Hilmar Bender bei mir einen zwiespältigen Eindruck. Für Fans aber geeignet.

Stephan Schelle, Oktober 2011


 
 

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